Hybride Bedrohung für Unternehmen

Auf 178,6 Milliarden Euro beläuft sich laut dem Bitkom der wirtschaftliche Schaden 2024 durch Cyber-
attacken in der Bundesrepublik – laut dem Branchenverband die höchste je gemessene Schadens-
summe. Immer noch im Fokus und insbesondere für Unternehmen kritisch: Ransomware-Attacken.
vom 11. Juli 2025
image

Zwei bis drei schwere Ransomware-Angriffe bekommt die Polizei in Deutschland jeden Tag angezeigt, so Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes, bei der Präsentation des „Bundeslagebildes Cybercrime 2024“, zu der er gemeinsam mit Bundesinnenminister Alexander Dobrindt Anfang Juni geladen hatte. 950 Unternehmen und Institutionen waren 2024 in der Bundesrepublik von der Datenverschlüsselung mit anschließender Erpressung um Lösegeld für die Entsperrung betroffen, immerhin waren es weniger als noch im Vorjahr, 2023 gab es diesbezüglich 1.018 Fälle. Und dennoch: „Sie können Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen, die öffentliche Verwaltung lähmen oder auch Kunden von Verkehrsbetrieben betreffen“, warnte Münch in der gemeinsamen Erklärung. Dobrindt ergänzte, dass die Behörden eine zunehmende Ausweitung geopolitischer Konflikte in den digitalen Raum beobachten. „Wir stellen fest, dass die hybride Bedrohung in Deutschland erkennbar angestiegen ist. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen finanziell und politisch motivierten Cyber-Gruppierungen immer mehr“, so der Bundesinnenminister. Das Geschäft scheint immer noch lukrativ zu sein, immerhin haben 90 Prozent der im Rahmen einer bundesweiten Fallerhebung befragten Geschädigten angegeben, sich nicht auf die Lösegeldforderungen eingelassen zu haben. Neben den Ransomware-Attacken spielten im vergangenen Jahr sogenannte hacktivistische DDoS-Kampagnen eine zentrale Rolle. Bei diesen Cyberangriffen versucht eine Gruppe von Hackern, die Verfügbarkeit von Webseiten oder von Online-Diensten zu stören oder zu blockieren. Laut BKA und Bundesinnenministerium lassen sich die „Hacktivisten“ vornehmlich in zwei Lager einordnen: pro-russisch oder anti-israelisch. Ziele der 2024 gelaufenen Kampagnen waren öffentliche Einrichtungen, Bundesbehörden, Logistikdienstleister und Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes. Stärker betroffen seien daneben immer kleinere und mittelständische Betriebe. Blüten treibt weiterhin das Geschäftsmodell „Cybercrime-as-a-Service“. In der „Underground Economy“ agieren Kriminelle auf hohem professionellem Niveau und vor allem arbeitsteilig. Das Angebot krimineller Dienstleistungen zur Begehung von Cyberstraftaten hat mittlerweile industrielle Maßstäbe erreicht. Knapp 202.000 Fälle betreffen laut den veröffentlichten Statistiken Straftaten, die aus dem Ausland oder von einem unbekannten Ort aus verübt werden und in Deutschland Schäden verursachen. Bezeichnet werden die Operationsbasen auch als „Safe Havens“, das sind Staaten, die nicht oder mehr schlecht als recht mit westlichen Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten. Zum Vergleich: Gut 131.000 Täter agieren von inländischen Zentren aus. Bundesinnenministerium und BKA teilen die Sorge, dass die Entwicklungen rund um die Künstliche Intelligenz das „Cybercrime-as-a-Service“-Modell künftig verstärken. Eine bedeutende Rolle beim Zugang zu sensiblen Daten und Bereichen spielt der Faktor Mensch. Wie die Behörden mitteilen, ist „Phishing“ nach wie vor ein relevanter Eintrittsvektor nicht nur im privaten Sektor, sondern auch beim Zugang zu Firmennetzwerken. Die schwierigen Rahmenbedingungen für die Strafverfolgungsbehörden – Täter und Täterinnen operieren aus dem Ausland, die zunehmende Arbeitsteilung, die Anonymität sowie die rasch fortschreitende technische Entwicklung – sind hohe Hürden für die Aufdeckung und Verfolgung der Taten. Eine Zahl im Bundeslagebild Cybercrime unterstreicht das: schon die Aufklärungsquote der Cybercrime-Delikte im Inland ist mit 32 Prozent niedrig. Die Aufklärungsquote der polizeilichen Kriminalstatistik für alle Delikte zusammen erreicht immerhin 58 Prozent. Im vergangenen Jahr sind aber einige kriminelle Plattformen abgeschaltet worden und die internationale Zusammenarbeit wurde weiter intensiviert.

Alexander Pradka

Beitrag von Alexander Pradka

Dies könnte Sie auch interessieren

Kanzleimonitor
Empfehlung ist die beste Referenz
diruj hat die 13. Ausgabe des Kanzleimonitor herausgegeben. Dieser 
bildet 10.603 Empfehlungen von Unternehmensjuristinnen und -juristen aus 686 Unternehmen...
Ein dickes Ding
Ein dickes Ding
Das Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. Juli 2023 war ein 
dickes Heft. Denn an diesem Tag wurde der Text der neuen EU-Verordnung 
zu Batterien und...
WarumdieStreitbeilegung
Die bessere Wahl?
Ob bei milliardenschweren Bauprojekten, internationalen Lieferver-
trägen oder komplexen Unternehmenskäufen: Immer häufiger entscheiden sich Unternehmen...