Keine Fristwahrung via Entfristungsklage

Die parallele Durchführung einer arbeitsrechtlichen Entfristungsklage führt nicht dazu, dass die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) geregelten Ausschlussfristen eingehalten sind. Europarechtswidrig sind die entsprechenden Vorschriften ebenfalls nicht, wie das Landesarbeitsgericht München festhält.
vom 23. Mai 2022
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Keine Fristwahrung via EntfristungsklageDie parallele Durchführung einer arbeitsrechtlichen Entfristungsklage führt nicht dazu, dass die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) geregelten Ausschlussfristen eingehalten sind. Europarechtswidrig sind die entsprechenden Vorschriften ebenfalls nicht, wie das Landesarbeitsgericht München festhält.
Nach § 61 b Abs. 1 des ArbGG muss eine Klage auf Entschädigung innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben werden, anderenfalls ist der Anspruch verfallen. Ein 54-jähriger Arbeitnehmer mit griechischer Staatsbürgerschaft begehrte wegen angeblicher Diskriminierung im Sinne des § 15 Abs. 2 AGG Entschädigung. Er verfügte über einen befristeten Arbeitsvertrag bei einer Institution, die sich für Integration und Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund einsetzt. Anders als bei Kolleginnen und Kollegen aus Ägypten, Polen, Nordmazedonien und Albanien hat der Arbeitgeber seinen Vertrag nicht verlängert.
 

Nur spezielle Ausnahmetatbestände

Seine Entschädigungsklage war außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Dreimonatsfrist beim Amtsgericht eingegangen. Diese Frist ist laut dem Landesarbeitsgericht München auch nicht durch die Erhebung der Klage gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses gewahrt. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer früheren Entscheidung festgestellt, dass tarifvertragliche Ausschlussfristen verfassungskonform dahingehend auszulegen sind, dass mit Erhebung einer Bestandsschutzklage die davon abhängigen Ansprüche wegen Annahmeverzugs im Sinne der tariflichen Ausschlussfrist gerichtlich geltend gemacht seien. Wie das Landesarbeitsgericht ausführt, ist diese Entscheidung nicht auf die vorliegende Konstellation anwendbar.
 

Fehlende „Vorgreiflichkeit“

Es fehle an der „entsprechenden Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Entfristungsverfahren“: Die Entschädigung ist nämlich an eine diskriminierende Handlung, nicht an den Bestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft. Die Befristung kann auch aus anderem Grund als wegen einer Diskriminierung unwirksam sein. Als Beispiele nennt das Gericht Formmängel oder das Fehlen eines Befristungsgrundes. Vorliegend fehle es außerdem an der Vorgreiflichkeit der Entfristungsklage, weil die Entschädigungsforderung an die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages anknüpft, nicht an eine mögliche frühere Diskriminierung. Gegenstand der Entfristungsklage sei aber die Zulässigkeit einer Befristung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses.
 

Europarechtskonformität

Die kürzere Zweimonatsfrist in § 15 Abs. 4 AGG hat der Europäische Gerichtshof unter dem Gesichtspunkt des Effektivitätsgrundsatzes nicht für bedenklich erachtet. Die Frist erschwere die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte nicht übermäßig oder mache diese gar unmöglich. Und das BAG hat wiederholt die Vereinbarkeit der Ausschlussfristen in §§ 15 Abs. 4 AGG sowie 61 b Abs. 1 ArbGG mit den Vorgaben des Unionsrechts bejaht. Sie wahren danach sowohl den Grundsatz der Äquivalenz als auch den der Effektivität. Insgesamt sind die vom Kläger genannten Fragestellungen nicht vorlagefähig. Die Beurteilung der Diskriminierung ist ebenso Anwendung innerstaatlichen Rechts wie die Subsumtion unter die Fristtatbestände.Bildnachweise: © IMAGO / U.J. Alexander

Beitrag von Alexander Pradka

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