In-house Counsel: Was liegt bei der Bereichsleiterin „Recht & Verträge“ der ZDF Studios GmbH aktuell auf dem Schreibtisch? Was beschäftigt die Rechtsabteilung?
Dr. Viola Fromm: Sehr beherrschend ist aktuell das Thema Künstliche Intelligenz, hier erreichen uns immer wieder Anfragen. Spannend und herausfordernd ist hierbei – neben dem Neuland in der Beratung unter Beachtung der internationalen Entwicklungen – vor allem der Dreiklang zwischen dem technischen Schon-Können, dem rechtlichen Dürfen, und dem geschäftspolitisch und ethischen Wollen. Rein juristisch gesehen liegt bei uns der KI-Schwerpunkt natürlich auf dem Urheberrecht, beispielsweise ob und wie Synchronisationen mittels KI unterstützt und ob und welche programmlichen Inhalte zu KI-Trainingszwecken genutzt werden dürfen. Wichtig ist zudem, ob, welche und wie KI-Tools verwendet werden können. Generell ist unsere Rechtsabteilung vorwiegend mit der Erstellung und Verhandlung zig hunderter, teils sehr komplexer Verträge pro Jahr befasst. Dazu gehören vor allem, aber nicht nur, Lizenzverträge, Koproduktions-, Vertriebs-, Vertriebsmandats- und Projektentwicklungsverträge. Derzeit überarbeiten wir zudem unsere Mustervorlagen und prüfen, an welchen Stellen wir die Vertragsbearbeitung automatisieren können. Da ich selbst seit jeher auf Corporate / M&A spezialisiert bin, laufen bei mir zudem gesellschaftsrechtliche Fragen auf. Aktuell haben wir einige Beteiligungskäufe und -verkäufe abgeschlossen. Zudem habe ich vor Kurzem den Eintritt des DLR in das Joint Venture zwischen MDR und unserer Tochter ZDF Digital GmbH rechtlich begleitet. Meine Kolleginnen und Kollegen im Team sind teils seit Jahrzehnten im Unternehmen und kennen das Business aus dem „Effeff“. Sie kümmern sich intensiv um alle medien- und urheberrechtlichen Fragestellungen, um Verwertungsgesellschaften, teils um Zahlungen an nationale und internationale Lizenzgeber sowie Codierung der Rechte in internen Systemen und vieles mehr. Im Zusammenhang mit dem internationalen Vertrieb klären wir außerdem aktuell spannende musikrechtlich geprägte Gestaltungen. Die Palette ist wirklich sehr bunt.
Inwiefern nutzt Ihr in der Rechtsabteilung Künstliche Intelligenz und wie fällt Dein aktuelles Urteil dazu aus?
Wir sind da sehr offen und probieren KI einfach aus, zum Beispiel für Recherchen. Kreativ in der Rechtsabteilung zu sein, heißt für uns, Dinge zu testen, die uns einerseits selbst effizienter in unserer Arbeit machen, andererseits aber auch in Verbindung zu anderen Stellen im Unternehmen und das Unternehmen insgesamt weiterbringen. Mein aktuelles Zwischen-Fazit über den Einsatz von KI: An manchen Stellen ist sie sehr hilfreich, vor allem, wenn man das Ergebnis beim Prompten schon kennt. Dann geht das „Texten“ schneller. Auch beim Zusammenfügen von Dokumenten spart mir die KI eine Menge Zeit und Nerven. Dennoch bleibe ich zurzeit sehr skeptisch, denn die KI hat mir auch schon falsche Ergebnisse zu Rechtsprechung oder Paragraphen geliefert, die schlichtweg nicht stimmten.
Ihr habt rund 30 Tochtergesellschaften und Beteiligungen,
teilweise auch im Ausland, seid selbst ZDF-Tochter. Wie schafft Ihr es, Euch rechtlich sicher in diesem Umfeld zu bewegen?
Die meisten der Beteiligungen befinden sich in Deutschland. Dennoch bewegt sich die Rechtsabteilung entsprechend der Geschäftsfelder der ZDF Studios GmbH mit weltweitem Programmvertrieb, Realisierung von Koproduktionen, Lizenzankauf und Merchandising natürlich auf internationalem Parkett. Die Vertragspartner sind auf der ganzen Welt. Die Kolleginnen und Kollegen von R&V feilschen daher neben den „essentialia negotii“ und komplexen fachlichen Fragen nicht selten auch über das anwendbare Recht; am liebsten ist uns natürlich deutsches Recht. Wir beobachten zudem mehr Gewicht auf Compliance-Klauseln. Anders als früher wird hierüber oft intensiver verhandelt, je nach Land und den „heimischen“ Anforderungen. Natürlich haben wir auch die Maßgaben unserer Mutter im Blick zu behalten. Alles in allem ist es ein bunter Rechtsberatungs-Strauß!
Eine Rechtsabteilung ist zunehmend auch in die strategische
Entwicklung eines Unternehmens eingebunden. Wie stellt sich das bei Euch dar?
Tatsächlich reichen meine Aufgaben und die unserer Abteilung oft auch über das Rechtliche hinaus. Die Medienbranche ist im Wandel und wir entwickeln uns natürlich aus der Rechtsbrille mit. Es gibt eine Reihe strategischer Themen von der Digitalisierung über Geschäftsentwicklungen bis hin zu Service-Synergien in der Gruppe, und auch ich bin in verschiedenen Ausschüssen mit an Bord. Natürlich geht es immer um die rechtliche Begleitung dieser Weiterentwicklung, was sehr spannend ist. Letztlich leisten aber alle Kolleginnen und Kollegen der Abteilung mehr als nur die rein rechtliche Beratung. Wir verstehen uns als Partner für rechtsichere, praxisgerechte Lösungen und denken dabei – teils auch sehr pragmatisch – über den Tellerrand hinaus. Ich sehe, dass jeder in unserer Abteilung mit seinem jeweiligen Know-how oftmals Sparringspartner bei einer ganzen Reihe von Themen ist.
Ich spüre bei Deinen Antworten eine große Passion und bei Euch auf der Webseite habe ich den Slogan gelesen „Mit Unternehmenslust für das ZDF“: Wie sehr gilt das für Dich, wichtig ist es für Dich, gerade in dieser Umgebung tätig zu sein?
Als Kind der 70er bin ich geprägt von den damaligen drei öffentlich-rechtlichen Programmen, die ZDF-Gerichtsshow „Wie würden Sie entscheiden?“ hatte mich einst begeistert und war Grundstein meiner Berufswahl. Ich mag und schätze die Programmvielfalt. Seit ich Jura studiert und später selbst ein Magazin herausgebracht und mich mit dem Presserecht beschäftigt habe, weiß ich, wie wichtig ausgewogener Qualitätsjournalismus auch vor dem verfassungsrechtlichen Auftrag ist, zur Meinungsvielfalt und demokratischen Willensbildung beizutragen. Die Arbeit in der Medienbranche macht mir daher großen Spaß. Ich sage das ganz bewusst auch als M&A-Juristin, die ich bei den Transaktionen in Konzernen und im Mittelstand jahrelang in verschiedene Industrien und Branchen intensiv eintauchen musste: Kreative Werke, insbesondere Filme, sind einfach „tolle Produkte“ – dieses Zitat klaue ich hiermit von meiner Stellvertreterin; sie sagt das mindestens einmal pro Woche! (lacht)
■ Das Gespräch führte Alexander Pradka
Einblicke …
War Dein Berufswunsch schon immer Juristin? Oder gab es auch einmal etwas anderes?
Ich wollte – seit der Sendung „Wie würden Sie entscheiden?“ – schon früh Juristin werden, am liebsten mit einer schwarzen Robe. Zu Beginn der Laufbahn habe ich diese tatsächlich rund 75-mal getragen, bis ich gemerkt habe: Meine wahre Passion ist es zu verhindern, dass ein Fall überhaupt vor Gericht geht. Mein Steckenpferd ist die Beratung. Ich will präventiv erreichen, dass es für beide Seiten gut läuft, auch wenn ich die Interessen einer Seite vertrete.
Wenn wir Dich nicht bei der Arbeit antreffen, wo dann?
Ich lese gerne und gehe mit unserem Labradoodle spazieren. Ich genieße gutes Essen und habe ein Faible für köstliche, auch prickelnde Tropfen. Über eine App versuche ich, Sprachen zu lernen, aktuell Italienisch; ich liebe Italien, ebenso wie Frankreich und England. Ich plaudere gerne mit meiner Tochter, die in Hamburg studiert. Wenn ich viel Zeit habe, packe ich meine Geige aus oder klimpere am Flügel. Früher habe ich Trompete gespielt, aber der Ansatz ist quasi weg. Künftig würde ich gerne wieder tanzen, das war schon im letzten Jahrhundert (gar Jahrtausend!) meine große Leidenschaft, von Ballett über Stepptanz bis zum Show- und Standard-Turniertanz.
Welche Art von Literatur magst Du?
Weil mein Herz für Unternehmertum schlägt, lese ich gerne Unternehmer-Biografien und deren Familiengeschichten. Aktuell liegt die Geschichte von „Cartier“, verpackt in einem historischen Roman, vor mir. Zudem kann ich mich für Rosamunde Pilcher begeistern, insbesondere aus den früheren Zeiten, allerdings mehr die (ZDF!)Verfilmungen als die Bücher. Einmal am Set in Cornwall dabei zu sein, war ein Traum von mir, den mir meine Kolleginnen und Kollegen zum runden Geburtstag verwirklicht haben, dafür danke ich ihnen sehr.
Vom Lesen zum Hören, welche Musik begleitet Dich?
Ich mag fast alles, von der klassischen Musik über Swing bis hin zum modernen Pop. Aktuell ist meine Lieblingsinterpretin Olivia Rodrigo mit dem Song „Vampire“. Da meine Tochter und ihre beste Freundin, die wie eine zweite Tochter für mich ist, beruflich zur Musikbranche tendieren und selbst komponieren, höre ich gern zu und bin deren erster Fan.
Den perfekten Tag gibt es nicht, wie sieht der fast perfekte Tag aus?
Mein perfekter Wunschtag sähe aktuell so aus: Treibenlassen, keine Termine, keine Kompromisse. Nur Dinge tun, die Körper, Geist und Seele in Einklang bringen – ohne Blick auf die Uhr.
Kurzvita
Dr. Viola Fromm, M.B.L. (HSG) verfügt über eine über 25-jährige Berufserfahrung als Rechtsanwältin im Bereich Corporate/M&A in Kanzleien, darunter Großkanzlei (Freshfields). Seit 2019 ist sie für die ZDF Studios GmbH, vormals ZDF Enterprises GmbH, als Vice President Legal und damit Leiterin der Rechtsabteilung tätig. Außerdem ist sie Geschäftsführerin der derzeit eingeschränkt aktiven FROMM – Global Media Verlags GmbH, unter welcher sie jahrelang das Magazin BIZZiety – Magazin der Business Society herausgegeben hat. Sie ist Mitglied in verschiedenen Organisationen, unter anderem im Ratgeberkreis der Wertekommission e.V., die sich seit rund 20 Jahren für einen intensiven, kontinuierlichen Dialog über die Bedeutung von Werten in Unternehmen einsetzt. Viola ist verheiratet, hat eine Tochter und einen Hund.
Das Interview führte Alexander Pradka
